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29.03.2020 10:42

Nach der Krise ist vor der Krise

Der Status „Grau“, wird nicht wieder hergestellt werden.


Viele hoffen noch immer es würde nach der Krise so weiter gehen wie vorher. Wieder vollständig ungeplant und affektgesteuert einkaufen. Gern auch drei mal am Tag, weil man noch eine Tüte Milch vergessen hat. Oder weil einkaufen einfach Spaß macht. Sich weiterhin über den Paketboten aufregen, der keine Lust hat die drei Pakete Katzenstreu, bis vor die Wohnungstür im 4. Stock zu tragen. Vorgesetzte die Überlastungsanzeigen ihres Pflegepersonals einfach zerreißen. All das ist grauer, willkürlicher Alltag gewesen.


Doch ein solches Verhalten ist eben weder verantwortungsbewusst, noch vorausschauend. Schließlich haben wir nicht nur die Verpflichtung, Krisen zu überstehen, sondern auch aus ihnen zu lernen.


Aus der Corona Krise können wir nicht nur lernen. Wir benötigen nun auch eine besser vorbereitete Infrastruktur. Wo automatisierte Kassensysteme eingesetzt werden, Paketdrohnen fliegen, autonome LKW`s, über die Straßen rollen, gibt es auch immer noch uns. Der Mensch ist der Dreh und Angelpunkt.


Frau Krause an der Kasse wird dann eben Frau Krause, die Gesundheits- und Technologiebeauftragte vom Supermarkt. Neue Verhaltensweisen müssen dem Menschen beigebracht werden. Durch ein sinnigeres miteinander und Verantwortungsbewusstes Handeln, löst man natürlich erst einmal Unmut aus. Natürlich möchten die meisten, ihren Affekten jederzeit nachkommen können. Sowohl in psychosozialer Hinsicht, als auch in materieller.


Wieso sollte sich Frau Krause von der Kasse nach der Krise noch etwas gefallen lassen? Jeder der jetzt keinen Einkaufswagen mit sich führt, jeder der meint sich im Supermarkt benehmen zu können, wie auf einem Schlachtfeld, den darf sie des Ladens verweisen. Auf einmal spürt sie ihren Wert. Sie spürt auch die Macht und das Fünkchen Verantwortung, was ihr nun gegeben wurde.

Ihre Augen verändern sich von Tag zu Tag. Ich kann es sehen, jeder andere kann es sehen. Zuletzt wird es Frau Krause bemerken.


Doch ist die Krise überstanden, wird das System wieder auf den Status „grau“ rebootet, was passiert denn dann? Auf einmal soll sich Frau Krause wieder damit herumschlagen was vorher war? Sie kommt mit ihren Kollegen kaum hinterher, den Laden sauber zu halten. Kunden reißen Kartons aus den Regalen, weil sie zu faul sind sich einen Einkaufswagen zu nehmen und sorgen somit für weiteres Chaos. Nein, es wird kein zurück mehr geben. Denn hunderttausende von Menschen, fühlen auf einmal was sie Wert sind. All jene die wirklich wichtig sind, die das Land am Leben erhalten. Die Hauptschlagader der Nation. Was wir ihnen in der Krise geben, können wir ihnen danach nicht wieder wegnehmen. Zu viele von Ihnen würden ihre Arbeitsplätze hinschmeißen und lieber nichts mehr machen.


Davon betroffen ist nicht nur Frau Krause. Auch Herr Peters vom Paketdienst, Frau Siebert, die Examinierte Pflegekraft aus dem Krankenhaus. Die Basis, erfährt nun gerade ein neues Gefühl. In zwei oder drei Monaten dieses Gefühl von Verantwortung wieder zu nehmen, wäre Systemgefährdend.


Nein es ist gut so wie es ist. Der Supermarkt ist nicht das Reich des Kunden, er ist das Reich der Menschen die dort angestellt sind. Der Kunde ist dort keinesfalls König, sondern nur ein Gast der sich zu benehmen hat. Zum Wohle der Gemeinschaft.


Es sind nämlich gerade Ballungszentren, welche äußerst sensibel auf Krisen wie diese reagieren. In denen man die Fehler des alten Konstrukts sehen kann. Zwei Faktoren sind die Hauptangriffsfläche. Fehlende Werkzeuge und unbedachtes, menschliches Verhalten.


Die alte Gesellschaft hat nämlich erhebliche Schwierigkeiten in vielen Bereichen. Technologischer Fortschritt stagniert durch die epochale Durchsetzung der grau Töne. Trägheit und affektiertes Verhalten hat seine Fäden auch in jene Sektoren gesponnen, welche davon auf keinen Fall betroffen werden dürfen. Forschung, Werkzeugentwicklung, Industrie. Was von den Universitäten inzwischen abgeht, hat nichts mehr mit Neugierde zu tun. Geschweige denn mit der Fähigkeit, in einer Sache aufzugehen. Ein graues Bildungssystem, lässt eben nur graue Menschen hindurch. Menschen die ihre Realität nicht auf der Basis von Tatsachen, sondern auf der Basis von Geschichten bilden. Solche Menschen haben nur sehr begrenzte Möglichkeiten, neue Werkzeuge zu ersinnen. Sie verlassen sich weniger auf ihre eigenen Vorstellungen, als die von außen projizierten.


Darin liegt das Grundsätzliche Problem. Eine Gesellschaft die nicht mehr aus dem Quark kommt, wird krank. Sie steht still. Jetzt gerade erleben wir, wie durch unkontrollierte Affekte ungünstige Umwelteinflüsse und einer Maroden Infrastruktur, tatsächlich eine Seuche entstehen kann. Schwäche muss natürlich auch weiterhin erlaubt sein. Schwäche kann schließlich sehr liebenswürdig sein. Doch eines muss aufhören. Der Mensch darf nicht mehr belohnt werden, wenn er sich betrunken an ein Steuer setzt und einen anderen über den Haufen fährt. Das ist nämlich genau die Gesellschaft in der wir gerade leben.


Schwäche und Trägheit werden belohnt, Stärke und Durchsetzungsvermögen, abgestraft.


Für einen Gesünderen Menschen, für eine bessere und fortschrittlichere Zukunft, können wir uns diese Art der human Domestizierung nicht mehr leisten.